FÜRTHER LANDKREIS NACHRICHTEN - 18.7.2003 - [B0307181]

"Bibert-Bärbel" soll wieder rollen

Interessengemeinschaft will Schienenstrecke vorerst bis Leichendorf reaktivieren - Kosten werden auf sechs Millionen Euro geschätzt - "Keine technischen Probleme"

FÜRTH Lands - Der schleichende Rückbau der Gleise auf der Trasse der 1986 aufgelassenen Bibertbahn zwischen Nürnberg/Stein und dem Zirndorfer Stadtteil Leichendorf soll gestoppt und langfristig eine Wiederinbetriebnahme des Schienenverkehrs auf dieser Strecke durchgesetzt werden. Dies will eine Interessengemeinschaft "Bibertbahn" erreichen, die jetzt von Nahverkehrsexperten aus dem Ballungsraum im Zirndorfer Café Bub ins Leben gerufen wurde.

"Von der Technik her ist die Wiederinbetriebnahme des Schienenverkehrs auf der Trasse der Bibertbahn kein Problem", fand die Runde aus Politikvertretern (FDP/Junge Liberale, Freie Wähler, Bündnisgrüne aus Nürnberg, Fürth und dem Landkreis), Technikern sowie Nahverkehrsexperten von der Initiative Pro Bahn und Bahntechnikern wie Werner Schmidt. Zwar ist der Schienenstrang an einigen Stellen mittlerweile unterbrochen und Teile der Trasse verkauft oder zum Radweg umgebaut, doch vor allem die Brückenbauwerke und der übrige Gleiskörper sind völlig in Ordnung, so die Interessengemeinschaft.

Route Richtung Westen

Zu Kosten von gerade sechs Millionen Euro, so die Rechnung Schmidts und von Gutachter Benjamin Hartung im Auftrag von Pro Bahn, ließe sich die Strecke bis Leichendorf "reaktivieren". Auch eine Weiterführung in den Westen des Kreises mache wenig Schwierigkeiten. Sie liegt als Radweg noch fast unangetastet in der Landschaft. Auch planungsrechtlich ist die Fläche noch als Bahntrasse eingestuft - und daran darf auch nichts geändert werden.

Deswegen gelte es, so der frühere bündnisgrüne Kreisrat Norbert Schikora/Oberasbach, die "letzte Chance zu nutzen", wieder den Schienenverkehr in den Bibertgrund und den westlichen Landkreis zu bringen. Dabei hielt man die Fragen nach technischen Schritten oder die Finanzierung des Vorhabens sogar für zweitrangig.

Pro-Bahn-Vertreter Matthias Beß: "Es gilt, die Idee in die Köpfe zu bringen, ist die Notwendigkeit des Vorhabens anerkannt, kann auch die Finanzierung gesichert werden."

Und dass ein schienengebundenes Nahverkehrssystem nach dem Vorbild der Gräfenbergbahn mit ihren hochmodernen Dieseltriebwagen die einzige Möglichkeit ist, halbwegs kurzfristig den Staudruck der Autos auf der Rothenburger Straße sowohl in Nürnberg wie im Landkreis in Höhe Zirndorf/Oberasbach aufzulösen, war sich die Runde einig. Und dass dies eine reaktivierte Bibertbahn sein könnte, eine "R 72", die wenige hundert Meter von der Straße entfernt verläuft, ebenso. Als "Unding" bezeichnete man etwa, dass derzeit die Fahrtzeiten des öffentlichen Nahverkehrs nach Zirndorf und Oberasbach von Nürnberg aus genauso lang sind wie nach Roth oder Heilsbronn.

Deswegen will man für den Kreis ein "taktvolles Angebot" im 20-Minuten-Rhythmus auf den Schienen der Bibertbahn, die Einrichtung eines verbesserten Stadtbus-Systems und natürlich "Teilhabe" am VGN-Verbundsystem.

Für unrealistisch oder weit hergeholt hielt die Runde alle diese Vorstellungen nicht. Matthias Beß: "Das gültige Nahverkehrskonzept sieht eine Verlängerung der U-Bahn-Linie 3 in den Landkreis vor, allerdings in 15 bis 20 Jahren." Und außerdem: Ein Kilometer U-Bahn koste 50 Millionen Euro. "Die für sechs Millionen Euro in kürzester Zeit reaktivierte Bibertbahn ist da ein regelrechtes Schnäppchen", so Beß.

Optimistisch sind die Bibertbahn-Lobbyisten auch deshalb, weil offenbar die Interessen Nürnbergs und des Kreises (anders als etwa bei der Stadtbahn-Diskussion) dieses Mal identisch sind. In der Nachbarstadt seien Überlegungen im Gang, nicht mehr allein auf die U-Bahn (deren Finanzierung im westlichen Ast der U 3 noch völlig in der Luft hängt) zu setzen, sondern auch an den Ausbau anderer Schienenverkehrssysteme zu denken. Man erhofft sich zudem Unterstützung aus der Wirtschaft, etwa vom Betreiber des Playmobil-FunParks.

"In einer guten Position"

"Wir sind in einer guten Position, weil die U-Bahn wohl nie im Kreis fahren wird", so der bündnisgrüne Kreissprecher Wolfram Schaa. Auf Vorschlag der Findungskommission wählte die Interessengemeinschaft den stellvertretenden Regionalvorsitzenden Ober- und Mittelfrankens von "Pro Bahn", Werner Klingbiel/Nürnberg, zum vorläufigen Sprecher. Stellvertreter wurde Sven Becker/Zirndorf.

ADAMWALTER WIESERNER - 18.7.2003 0:00 MEZ

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